Pressemitteilung zur Veranstaltung der SPD
und GRÜNEN Urbach
„TTIP - Freihandelsabkommen - Chance oder
Risiko?“
„Was haben Donald Trump, die AfD, die Grünen, die Linke, die
FPÖ, große Teil der SPD, die Caritas, der Nabu oder die Arbeitsgemeinschaft
bäuerlicher Landwirtschaft gemeinsam? Sie alle lehnen TTIP in seiner jetzigen
Form ab“, so Sebastian Engelmann, Stadtrat und Journalist aus Marbach/N. bei
der Veranstaltung der SPD und der GRÜNEN Urbach am 29. Juni 2016 im gut
gefüllten Gasthaus Rössle in Urbach. Es sei das große Unbehagen oder das große
Misstrauen. Dieses Freihandelsabkommen – 2013 auf den Weg gebracht – fiele in
eine Zeit, in der es gäre, brodele, in der die politische Landschaft in starke
Bewegung geraten sei und in der das Vertrauen in Politik, Politiker und
Parteien abnehme. Zu den vertrauten Spielregeln in der Politik gebe es bei TTIP
drei zentrale Unterschiede. Das Verhandlungsmandat an sich, das Vertrauen in
die Verhandlerinnen und Verhandler und die Legitimation. Die EU habe ein
Verhandlungsmandat für die Handelspolitik, die sie ja betreiben dürfe. Aber
dieses Mandat sei nie Teil einer öffentlichen Darstellung oder Konsultation
gewesen. Ein fehlendes Vertrauen in die verhandelnden Personen sei der
grundlegende Fehler dieses Abkommens. Es gäbe kein Gesicht, keine Person, die
glaubwürdig für dieses Abkommen eintrete. „Stattdessen erfuhren wir von Namen-
und Gesichtslosen Geheimverhandlungen. Rein kommunikativ ist TTIP ein Desaster
gewesen und ist es immer noch und zwar von Seiten seiner Befürworter“, so
Sebastian Engelmann. In unserer repräsentativen Demokratie seien die
Politikerinnen und Politiker legitimiert, die Interessen der Bevölkerung stellvertretend
für einen definierten Zeitraum wahrzunehmen. Bespiele seien Parlamente oder
Tarifverhandlungen. Und TTIP? Nach wie vor sei unklar, wie TTIP legitimiert
werden solle. Durch Zustimmung der nationalen Parlamente? Oder reichte die
Zustimmung der Staats- und Regierungschefs und des europäischen Parlaments?
Offene Fragen. „Bei den Verhandlungen geht es auch um öffentliche
Dienstleistungen, für die die Kommunen zuständig sind. Müll, Abwasser,
Bildungseinrichtungen, kommunale Krankenhäuser. TTIP könnte Einfluss darauf
haben darauf welche Dienstleistungen zukünftig noch von Städten und Gemeinden
selbst erstellt werden dürfen und wie die Kommunen Leistungen ausschreiben
müssen und zu welchen Bedingungen“, so Engelmann.
„TTIP hat weniger tarifäre Verhandlungsinhalte und Auswirkungen,
denn die Zölle beim europäisch-amerikanischen Handel sind weitestgehend
angeglichen und beiderseits relativ niedrig. Es geht vielmehr um nicht-tarifäre
Bereiche wie technische Vorschriften, rechtliche Vorschriften, Einfuhrquoten,
Einfuhrverbote, Umwelt-, Sozial- und Verbraucherstandards“, so Oliver Sievering,
Professor an der Hochschule für öffentliche Verwaltung Ludwigsburg. Die
offiziell genannte Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft
(Transatlantic Trade and Investment Partnership) sei ein Freihandels- und
Investitionsschutzabkommen in Form eines völkerrechtlichen Vertrags zwischen
der EU und den USA. Deren Ziele seien der Abbau der nicht-tarifären
Handelshemmnisse und die gegenseitige Anerkennung von Standards. „TTIP erhöht
das Bruttoinlandprodukt gerade mal auf 0,05 % pro Jahr. Und bei neuen Jobs
durch TTIP wird laut einer Bertelsmann-Studie mit plus 12.000 pro Jahr
gerechnet. Das entspricht einem zusätzlichen durchschnittlichen Anstieg der
Beschäftigung von 0,03 Prozentpunkten pro Jahr. Von einem Wachstums-Motor kann
bei TTIP keine Rede sein.“, so Sievering.
Nach Angaben der EU-Kommission habe Deutschland bisher 131 bilaterale
oder multilaterale Investitionsabkommen abgeschlossen, in allen EU-Ländern
zusammen bestünden rund 3.000 derartiger Abkommen. In vielen dieser
Investitionsschutzabkommen gebe es Schiedsgerichtsklauseln. Die Staaten räumten
damit ausländischen Unternehmen das Recht ein, vor ein internationales
Schiedsgericht zu ziehen. Interessant sei, dass 44 mal deutsche Unternehmen im
Ausland gegen den jeweiligen Staat klagten und „nur“ 3 mal klagten ausländische
Unternehmen in Deutschland. Vor dem Hintergrund inzwischen bekannter Inhalte
der TTIP Verhandlungen wurde die Bundesregierung aufgefordert, sich gegenüber
der EU-Kommission mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass die kommunale
Daseinsvorsorge, darunter insbesondere die nicht liberalisierten Bereiche, wie
die öffentliche Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, die Bereiche Abfall
und ÖPNV, soziale Dienstleistungen sowie alle Leistungen der öffentlichen
Daseinsvorsorge im Kulturbereich, vom derzeit mit den USA verhandelten
Freihandelsankommen explizit ausgeschlossen werde. Der Stadtrat Marbach am
Neckar und andere Städte haben eine entsprechende Resolution nach dem Muster
des Städtetages bereits unterzeichnet. „Das sollte der Gemeinderat in Urbach
auch tun“, so Burkhard Nagel, GRÜNE Gemeinderat Urbach.
Die anschließende Diskussion unter den rund 30
Teilnehmerinnen und Teilnehmern leitete und moderierte Frau Andrea Sieber,
Stadträtin in Schorndorf. „Der Zuspruch zu dieser Veranstaltung zeigt, dass es
Informationsbedarf und politisches Interesse in Urbach gibt“, so Jürgen
Schlotz, Vorsitzender SPD Urbach und Mitveranstalter des Abends. Burkhard Nagel
und Sandra Bührle, GRÜNE Gemeinderätin Urbach bedankten sich bei den Rednern
und wiesen auf den Runden Tisch im Rössle Urbach hin, an dem sich die GRÜNEN Urbach
in der Regel am ersten Montag des Monats treffe um kommunalpolitische Themen
für Urbach wie TTIP zu beraten. Manfred Wrobel-Adelhelm, Urbach, war der
Initiator dieser Veranstaltung.
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